Deinen Traumjob gibt es nicht

Apr 10, 2023

Es gibt sie! Die Glückspilze, die ihren Traumjob gefunden haben. Auch wenn sie stark in der Unterzahl sind. Ich habe vor kurzem gelesen, dass über 80% der Arbeitnehmer:innen zu einem Jobwechsel bereit wären bei einem entsprechenden Angebot (Quelle: Westpress).

Was machen die Wenigen anders als der Rest? Ich glaube ich weiß es. Sie machen Job Crafting.

Hinter dem Begriff steckt der Ansatz, dass sich jede:r selbst seine/ihre Arbeit gestalten kann. Und vielleicht sogar muss, um authentisch zu arbeiten und um in der Tätigkeit einen Sinn zu empfinden.

Ich möchte dir drei Beispiele für Job Crafting mitgeben, in der Hoffnung, dass du daraus etwas für dich mitnehmen kannst.

Bijan kommt ursprünglich aus dem Iran. Schon als Jugendlicher war ihm klar: Ich möchte auswandern. Mit Anfang 20 hat er sich dafür keinen geringeren Ort ausgewählt als New York City – der echte American Dream eben. Dort angekommen hat er kein Geld für das College, doch er hat etwas Erspartes und kauft sich davon eine Taxi-Lizenz. Das war vor über 25 Jahren und mittlerweile kennt er die Stadt wie kein Zweiter. Sein Auto bringt er nach jedem Feierabend auf Hochglanz, er kauft morgens die neuste Ausgabe der New York Times und drapiert sie auf dem Rücksitz. Dazu eine Flasche Wasser, ein paar Kaugummis und kleine Snacks. Wenn er einen neuen Mitfahrer hat, scannt er ihn in Sekundenschnelle und macht sich ein Spiel daraus, genau die richtige Musik-Playlist auszuwählen. Darin ist er ziemlich gut geworden. Über die Jahre hat er Tausende Menschen ein- und aussteigen gesehen und dadurch eine besondere Menschenkenntnis entwickelt. Bereits nach der Begrüßung merkt er sofort, ob die Person gesprächig oder wortkarg, gelassen oder gestresst ist und dementsprechend passt er sich an. Anders als die meisten New Yorker, freut er sich auf Touristen am aller meisten. Nichts bereitet ihm mehr Freude, als Leuten aus aller Welt die Stadt zu zeigen und ihnen Geheimtipps zu geben. Er weiß, wo es die besten Bagels gibt und von wo man nachts die beste Aussicht hat (es ist nicht das Empire State Building!). An seine meisten Aufträge kommt er, weil er von Fahrgästen weiterempfohlen wird oder weil sie wieder in der Stadt sind und unbedingt mit ihm fahren möchten. Bijan sieht sich nicht als Taxi-Fahrer. Er sieht sich als Reiseführer der Stadt New York und als Botschafter, dass sich hier jeder und jede ein neues Leben aufbauen kann.

 

Mit dem Master in der Tasche war Sarah vor ihrem großen Sprung gerade einmal 23 Jahre alt - Junior Business Consultant bei einer großen Firma. In einem Moment, in dem ihr diese Entscheidung schon so endgültig vorkam, hat sie etwas für sie sehr Ungewöhnliches gemacht und Flugtickets für sechs Monate Indien gebucht. Dort hat sie das erste Mal Meditation und Achtsamkeit für sich entdeckt. Zurück in ihrem neuen Job startet sie voll durch. Sie erscheint freiwillig früher zu den Meetings mit Kunden, um sie persönlich kennenzulernen und um sich mit ihnen zu verbinden. Schnell wollen ihre Arbeitskolleg:innen wissen, wie sie das alles macht. Ihre ruhige gelassene Art, die Beziehungen zu den Kunden und ihr laserscharfer Fokus in den stressigsten Situationen. Also zeigt sie ihnen die Techniken, veranstaltet freiwillig kostenlose Workshops an den Abenden und manchmal auch während der Arbeitszeit. Heute bietet sie wöchentlich Workshops in allen Niederlassungen an und sie sind fester Bestandteil ihrer Rolle. Sarah bringt Achtsamkeit in ihre rationale zahlengetriebene Organisation.

 

Sophie liebt Chemie. Sie arbeitet in einem renommierten Labor aber ohne Doktortitel ist sie dort mehr ausführende als schaffende Kraft. Das Labor ist ihr zweites Zuhause geworden und regelmäßig verbringt sie ganze Nächte darin. Spät abends finden oft Meetings der Laborleitung statt und immer wieder nimmt sie an den Sitzungen teil. Zuerst mehr zufällig, doch später wird sie immer wieder nach ihrer Meinung gefragt. Auch wenn diese nur selten berücksichtigt wird, sorgt das dafür, dass Sophie immer auf dem neusten Stand ist und kaum eine Entscheidung ohne ihr Wissen getroffen wird. Das Einzige, was Sophie mehr mag als Chemie sind Menschen. Und die fehlen ihr in ihren langen Nächten im Labor. Als eine Schulklasse eine Führung im Labor anfragt, hat sie sich sofort freiwillig gemeldet. Mit ihrer begeisternden Art beantwortet sie geduldig alle Fragen der Schüler:innen und inspiriert einige von ihnen ein Praktikum im Labor zu machen.

Heute ist sie für das Onboarding aller neuen Mitarbeiter:innen zuständig und das Labor sieht sie nur noch von innen, wenn sie Führungen gibt. Die Chemie fehlt ihr ab und zu, aber wenn sie die ganzen neuen Kolleg:innen sieht, wie sie konzentriert arbeiten, geht ihr das Herz auf.

 

Egal ob du bestehende Aufgaben neu interpretierst wie Bijan, neue Aufgaben schaffst wie Sarah oder das Umfeld und die Personen wechselst wie Sophie: Job Crafting ist so relevant wie noch nie. Tätigkeitsfelder ändern sich wahnsinnig schnell und neue Jobs werden täglich „erfunden“. Oft top-down vom Teamlead vorgegeben, aber die oben angesprochene Glückspilze haben eines gemeinsam. Sie haben die innere Arbeit getan, kennen sich selbst, kennen ihre Stärken, wissen, was sich für sie authentisch und richtig anfühlt und (jetzt kommt der wichtigste Teil) sie implementieren diese Dinge proaktiv in ihren Job. So "craften" sie ihren eigenen Job.

 

Hast du schon eine Idee, wie du deinen Job besser auf dich zuschneiden kannst?